Gut geworden: der 3. Tolkien Lesetag in Hannover

Von Uli Hacke

Als Samweis Gamdschie am Ende des "Herrn der Ringe" von den Grauen Anfurten aus kommend Hobbingen erreicht, weiß er, dass er zu zurück ist. Ein bißchen von diesem Gefühl ließ sich auch beim Lesetag erahnen - man war wieder zurück.

Es gibt Dinge, die einem vertraut vorkommen und die sich so anfühlen, als würde man sie bereits seit Jahren kennen. Dazu gehören Freunde, die Familie und bekannte Gesichter - aber für den einen oder anderen auch gute Bücher, zu denen man im Laufe der Zeit eine besondere Beziehung aufgebaut hat und die immer wieder gelesen werden. Tolkiens Werke gehören ganz klar zu dieser Art von Büchern und wer zur Deutschen Tolkien Gesellschaft gehört oder einfach nur Tolkienfan ist, für den ist das beileibe keine neue Erkenntnis.

Beim diesjährigen Tolkien Lesetag - bereits dem dritten in Hannover - ist das wieder einmal überdeutlich geworden. Für die aktiven Hannohirrim begann das schon beim Aufbau und als die liebevoll arrangierte Dekoration stand und die offizielle Begrüßung anstand, machte schnell die eingangs beschriebene Vertrautheit die Runde. War man damals vor drei Jahren noch mächtig aufgeregt, wie sich das Vorlesen in einem mehr oder weniger öffentlichen Raum anfühlen würde, so konnte man in diesem Jahr schon beinahe alte Hasen beobachten, die gemessenen Schrittes nach vorne zum Mikrophon gingen und die von ihnen ausgewählte Textstelle aus des Professors Epos zu Gehör brachte. Also alles Routine? Vielleicht ein wenig davon, aber vielmehr Gelassenheit, Professionalität und das Gefühl, an einem bereits vertrauten und eben auch schon in der Vergangenheit erfolgreichen Ereignis teilzuhaben.

Natürlich: "unsere Buchhandlung", in der die Hannohirrim zu Gast waren, firmiert längst unter dem Namen Hugendubel - und nicht mehr Schmorl und v. Seefeld wie noch 2011, auch wenn das im manchmal ausnehmend konservativen Hannover vielleicht noch eine gute Weile Bestand haben wird. Und: wir hatten Verstärkung aus dem Norden mit an Bord, denn der Bremer Tolkienstammtisch "Die Weisen von Bremeriand" hatte gleich zwei Mitleser entsandt. Außerdem - und das war sicher die schönste Veränderung - zeigten sich die Reihen der Zuhörer stets gut besetzt und bestens gelaunt; manchmal mussten sogar flugs zusätzliche Stühle herbeigeschafft werden, damit das geneigte Publikum nicht stehend zuhören musste...

Der Bogen des Vorgelesenen deckte beinahe das gesamte Werk des Oxforder Professors ab: von den bekanntesten Werken wie dem "Hobbit" und dem "Herrn der Ringe" über das "Silmarillion" bis hin zu den kleineren Büchern wie die "Briefe vom Weihnachtsmann" (bei der derzeitigen Witterung sicherlich eine äußerst passend gewählte Lektüre) oder dem "Roverandom". Selbst eher literaturwissenschaftlich ausgerichtet Sekundärliteratur wie die "Nachrichten aus Mittelerde" wurden berücksichtigt.

Tolkien lässt sich wunderbar vorlesen und es macht Freude, seine lebendig geschriebenen Texte mit Stimme, Gestik und Ausdruck zu interpretieren - und wenn man dabei auch noch Zuhörer hat, die das Vorgetragene nicht nur zu schätzen wissen sondern selbst mit Herz und Sinn daran teilhaben, dann gibt es kaum etwas, was sich der begeisterte Tolkienliebhaber noch zu wünschen vermag. Vielleicht noch eine Fortsetzung im nächsten Jahr - aber das ist kein Wunsch, sondern bereits gebucht und fest eingeplant. Eben ein bißchen so wie für Samweis Gamdschie, den treuen Gefährten Frodos, der bei seiner Fahrt von den kalten Gestaden des Meeres ins heimelige Hobbingen zurückkehrt und ein gelbes Licht in seinen Fenstern scheinen sieht, wo man auf ihn wartet und das Abendessen bereit steht. Ja, wir sind zurück.